Ablenkung – die Nahrung des Ego

Hier ein Runterscrollen, dort ein Swipe, da ein Match. Bei erhaltenen Likes ein subtiles Erfolgerlebnis; bei ausbleibenden Likes Enttäuschungen fühlen. Die digitale Welt hat ihren ursprünglichen Ort und ihre Auswirkung verloren. Die digitale Welt ist nicht mehr irreal, nicht mehr unfassbar und auch nicht mehr weit weg auf irgend einem Server gelagert. Die digitale Welt hat den Weg in unseren Geist, in unsere Emotionen und Gefühle gefunden, sich dort eingenistet und zu einem unserer Grundbedürfnis mutiert.

Nicht die digitale Welt hat es in unsere Intimssphäre geschafft, sondern wir haben sie hereingelassen.

Wer ist dieses Wir? Und warum tut das Wir dies?

Und schon kommt das Ego ins Spiel, das in einem immerwährenden Zustand des Mangels schwebt, sich von Dramaturgie ernährt und uns von unserem Höheren Selbst, unserem Bewusstsein und uns schliesslich von Gott trennt.

In dieser Trennung wälzt sich unser Verstand unglaublich viel Zeit unseres Lebens hin und her. Unser Verstand, das Ego. Es labt sich an äusserlichen Einflüssen, die in ihren surrealen Formen vor allem etwas gemein haben: Sie lenken ab.

Das Ego ist der sterbliche Teil unseres Geistes. Er entsteht im frühen Kindsalter, wenn man zum ersten Mal nicht mehr in der dritten Person von sich spricht, sondern plötzlich beginnt “ich” zu sagen, eine Identität zu formen. Eine Identität aus Formen, zusammengewürfelt aus Körpergrösse, Kleidung, Schulbildung, Wohnort, Wohnhaus, Erinnerungen, Gesagtem, Getanem, Verfehltem, Verpasstem.

Wenn der Körper stirbt, stirbt auch das Ego. Nicht aber der Geist, nicht unsere Seele. Und über diese Sterblichkeit weiss das Ego Bescheid – weshalb es in ständiger Angst davor ist, dass es sterben und in Vergessenheit geraten kann. Was sehr sehr schlimm ist für das Ego: dass es unbeachtet und vergessen wird. Und wie die Furcht eben sein kann, ist auch das Ego, das in einem warmen Bad aus Angst schwimmt, vor allem eins: laut, fordernd, verzehrend, einnehmend.

Und eine seiner Lieblinge, von der es zehrt, ist die Ablenkung, die aus der Langeweile, aus der immaginären Leere, aus dem Mangel entspringt. Das Ego ist süchtig nach Ablenkung. Und wo kriegt es bessere Ablenkung als in der digitalen Welt? Es lechzt nach diesem Runterscrollen, nach diesem Swipe, nach diesem Match. Es schreit nach Likes, nach neuen Benachrichtigungen, nach kurzweiligen, aber zeitraubenden Videos auf YouTube oder Tik Tok.

Wir können uns mit allem ablenken, insbesondere mit Sinnlosem.

Und ehe man es sich versieht, sind zwei Stunden vergangen, und nichts wurde während diesen zwei Stunden erschaffen – ausser viel, viel Unbewusstes. Während des Unbewussten-dahin-Vegetierens werden aber die gedachten Gedanken nicht kontrolliert, konstruktiv gelenkt und liebevoll gepflegt, was die Heilung in uns hervorbringen könnte.

Sondern der Verstand, hat während der Ablenkung allerlei Zeit, sich unsinnige, sich wiederholende bis destruktive Gedanken zu machen.

Ohne dass wir es bewusst mitbekommen.

Aber nur weil unbewusst gedacht, heisst das noch lange nicht, dass es keine Macht auf das äussere und innere Geschehen hat. Denn, wie es im Buch “Kurs in Wundern” heisst:

“Es gibt keine richtigen Gedanken. Alles Denken bringt Form auf irgendeiner Ebene hervor.”

Kurs in Wundern

Und in diesem Satz schwingt vor allem die Wahrheit mit, dass es umso wichtiger ist, die eigenen Gedanken zu hüten, ihnen Beachtung zu schenken, sie bewusst zu lenken. Denn wir erschaffen durch das Denken. Aber das Ego denkt auch, kann durch uns ebenso erschaffen wie es auch unser bewusster Geist kann.

Ablenkung aber hält uns extrem vom bewussten Geist fern, es trennt uns von der Gegenwärtigkeit, von der Präsenz, die in uns innewohnt und aus blosser Liebe besteht.

Fassen wir also zusammen: Wenn wir dem Ego nicht Schritt für Schritt, aktiv und diszipliniert seine Spielzeiten in unserem Leben verkürzen, werden wir noch lange unbewusste, destruktive, und egozentrische Gefühle gebären, unser Umfeld ungewollt beeinflussen und unsere Lebenssituation unfokussiert erschaffen. Ja, WIR erschaffen unsere Gegenwart selbst. Das ist keine Floskel der New-Age Bewegung, sondern Realität.

Ein grosser Schritt in die Gegenwärtigkeit ist, sich der Ablenkung bewusst zu werden, nach der man süchtig ist. Du bist nicht süchtig? Nie gelangweilt? Dann kennst Du also diese Situation bestimmt auch nicht:

Du sitzt Abends auf Deinem Sofa und hängst am Handy, schaust nebenbei eine Serie, swipest, matchst, likest und ab und zu kommentierst Du auch. Oder eine hitzige Diskussion auf Facebook entsteht, über die du dich aufregst, richtig wütend werden kannst, darauflos reagierst. Dann stehst Du auf, läufst zum Kühlschrank, öffnest ihn, findest nichts, gehst zurück zum Sofa, setzt Dich hin. Wieder greifst Du nach dem Handy, drückst “Play” auf dem Laptop.

Wie laut kann Ablenkung sein?

Und dann…

schaltest Du einmal alles aus und sitzt einfach nur da. In der Stille. Einige Sekunden nur, und schon wird es fast unerträglich. Du schielst nach dem Handy, greifst danach und checkst nach neuen Nachrichten.

Wie laut kann Stille sein?

Langeweile ist unerträglich. Es ist für uns mittlerweile unerträglich, da zu sitzen in der Stille und einfach NICHTS zu tun. Aber wir tun nicht nichts, das ist eine Illusion, die aus dem Ego entspringt. Wie auch Langeweile ein Konstrukt unseres Egos ist. In Wahrheit, ausserhalb der Illusiion, sind wir. Und Sein ist die höchste aller Handlungen. Das Sein geht über das Tun hinaus. Es ist ein heilender, schöpferischer, liebender Zustand.

Werden wir uns mehr und mehr bewusst, dass das Ego eine Illusion ist. Dass das Ego sich aus Furcht vor dem Tod unbedingt von Drama und Ablenkung ernähren muss, damit es gehört und wahrgenommen wird. Werden wir uns bewusst, dass dieses Laute uns von unserem wahren Sein trennt. Werden wir uns dessen durch Disziplin, durch Übungen. durch Meditation, durch Achtsamkeit von Tag zu Tag bewusster, werden wir auch von Tag zu Tag mehr Herr und Frau über unser Wesen. Wir erschaffen dann plötzlich Konstruktives. Wir werden uns auf einmal unseres schöpferischen Potentials bewusst. Wir fühlen irgendwann, das wir von Gott nach seinem Ebenbild erschaffen wurden und alles, wirklich alles, erschaffen können – und es auch tun, ob bewusst oder nicht. Wir erwachen plötzlich im Bewusstsein, dass wir vollkommen sind, dass Mangel und Leere bloss Illusionen sind. Wir erschaffen uns eben die Realität, nach welcher wir uns sehnten. Nur ersetzen wir diese Sehnsucht auf einmal mit der Realität von Fülle in allen Bereichen, anstatt mit dem ständigen Gefühl des Mangels und der Trennung, der Einsamkeit und des Schmerzes.

Fülle ist unser Geburtsrecht.

Fast jeder Griff zum Handy ist Ablenkung, fast jeder Serienmarathon artet in extremer Dissoziation aus, fast jeder Like mutiert zu einer Realitätsstörung.

Ganz grob gesagt.

Aber grob ist das, was zu selten sich jemand traut zu sein. Grob im Sinne von ehrlich und direkt auszusprechen, was ist. Zum Wohle des individuellen und kollektiven Erwachens aus dem Tümpel der Langeweile. Grob im Sinne von Dinge auch einmal überspitzt zu formulieren – denn es ist nicht mehr an der Zeit Samthandschuhe anzuziehen. Denn wir haben keine Zeit mehr zu vergeuden. Das es für alles noch Zeit gibt, ist eine Hoffnung, ein Sich-vor-der-Handlung-Verstecken, ein Nicht-wahrhaben-wollen. Warum also damit warten, wenn Änderung auch jetzt möglich ist?

Lerne mehr über die Lehre des Ego und der Präsenz am nächsten HAMAH Abend von Francesca.

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